Slam im Mai: 4 Mikros, 3 Finalisten, 2 Runden und ein Sieger

Zum ersten Slam auf Erden „waren sie alle einmütig beieinander. Und es geschah schnell ein Brausen (…) und erfüllte das ganze Haus, da sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt, wie von Feuer; und setzte sich auf einen jeglichen unter ihnen“! So wird zumindest das Pfingstfest in der Bibel beschrieben. Ähnlich brausend ging es auch in der Kresslesmühle zu, als Freitag des Pfingswochenendes wieder beim Ausburger Poetry Slam Lauschangriff geslamt wurde. Aus Ansbach kam Mimi Meister, aus Berlin Falk Dietrich und aus Wien war Alex Gendlin angereist um sich vor einer rammelvollen Bude mit den lokalen Slammern zu messen! Zwölf Autorinnen und Autoren hatten sich auf die Leseliste geschrieben und wünschten der Glücksfee alles Gute, um selber ausgelost zu werden…

Erster Block
Falk Dietrich„The media must die!“ rief Katharina in die Menge. Medienkritisch fragte sie sich, wie man sich denn überhaupt eine eigene Meinung bilden soll, eingeklemmt zwischen bluttriefenden Skandalartikeln und der nackten Lady auf Seite eins. Auch Michael Friedrichs überprüfte die Zeitungen nach ihrem Wahrheitsgehalt und (unter)suchte Adelstitel in Google. Dabei fand er heraus, dass die Familie „von Angesicht zu Angesicht“ (immerhin mit knapp 148.ooo Einträgen im Netz) bei weitem von den altehrwürdigen „von Daher“ übertroffen wird – besonders aber von dem wohl exponiertestem Familienmitglied „Also von Daher“, der in vielen Artikeln im Netz beschworen wird… Sehr spaßig! Auch der nächste Kandidate zog die Humorkarte: Falk Dietrich (Berlin), wegen seiner vielen Stories, die sich um die Liebe drehen, als Rosamunde Pilcher des Slams bekannt, las wieder gewohnt-lakonisch-trocken aus seiner Reihe „Falk zurück im Single-Leben“ und ein Gedicht „Gesunkene Ansprüche“. Während es früher noch hieß: „Ein Baum pflanzen, ein Kind zeugen, …“ heißt es hier: „Ein Salat essen. Ein Buch zurück in die Bib bringen…“. Ihm folgte Andre Toma, der zum zweiten Mal beim Augsburger Slam auf der Bühne stand und zwei Gedichte mitgebracht hatte: „Es ist ein Plan, der alle antreibt / Und er freut sich!“. Das Publikum klatschte Falk Dietrich ins Finale.

Welcher Plan dahinter stand, dass nun am Ende des ersten Blocks schon vier Mikrofone verschlissen waren – keine Ahnung. Aber im Lager des Hauses waren noch weitere zu finden und so konnte es in die nächste Runde gehen.

Zweiter Block
Alex Gendlin Die Ansbacherin Mimi Meister – die übrigens frisch vom bestandenen Ethik-Abitur angereist kam – las gekonnt im Paarreim vom Bücherwurm, der sich durch die Berge von Literatur frisst und sich diese dadurch aneignet: „Ich bin Alexander der Große!“ Peter Grimberg sprang nietenbewert auf die Bühne und las für alle Leute, die sich schon einmal unterdrückt gefühlt haben sein Gedicht „Frei“. Ihm folgte Alex Gendlin, der sich werte gegen eine Freisetzung – und zwar die am Arbeitsplatz – und sich für viele Jobs bewarb. Aber immer erhielt er Ablehnungen. Gendlin schrieb auf diese hin urkomische Antwortbriefe und ging detailliert und natürlich bierernst auf die Floskeln der Standardbriefe ein. Als letzter des Abends trat äußerst lyrisch und feinsinnig Serkan Erol auf. „Nie schläfst Du / brauchst keinen Gott noch Diener / bist Gott, bist Diener“ hieß es in seiner Ode „An die Sprache“. Das Publikum einigte sich auf zwei Kandidaten, die ins Finale gesendet wurden: Mimi Meister und Alex Gendlin.

Finale – Ein Dreier
„Ich find Nazis und Kinderarbeit Scheiße“ fand Falk Dietrich. Noch mehr Scheiße aber ist für ihn „Nazikinderarbeit“. Sehr, sehr un-PC irritierte er das Publikum und landete einen Lacher nach dem anderen. Mimi Meister kokettierte mit „Warum ich gerne ein Mädchen bin und kein Mann“ mit den Geschlechterrollen und dankte letztlich Gott, dass SIE so einen guten Job gemacht hatte, die Frauen zu erschaffen. Tja, aber woran glaubt man eigentlich, fragte sich Alex Gendlin. Er ist sich zumindest sicher: „Gott ist ein Schweizer!“ Weil ER auch so neutral ist und sich immer aus allem raushält.

Eine schwere Entscheidung stand für das Publikum an – wer sollte Sieger des Mai-Slams werden? Schließlich kürte man Falk Dietrich zum Sieger des 106. Augsburger Poetry Slams. Gratulation!

Weiter geht es am 1.6. „open air“ auf dem Elias-Holl-Platz hinter dem Rathaus zu den Augsburger Literaturtagen und dann wieder am 13.6. in der Kresslesmühle. Mehr Informationen zum Augsburger Slam unter www.slam-augsburg.de.

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