Ars Electronica: A New Cultural Economy Symposium I

Die erste Session der Konferenz wurde von Joichi Ito gestartet. Er ist der Gründer und Geschäftsführer der Risikokapitalfirma Neoteny (PSINet Japan, Digital Garage und weitere wie Infoseek Japan). Derzeit ist er auch Mitglied im Vorstand von Creative Commons und Socialtext, Vizepräsident von International Business and Mobile Devices für Technorati, Chairman von Six Apart Japan, sowie ein Beitragender von Metroblogging. Joichi Ito holte zunächst weit aus: Am Anfang haben die meisten Techniker gar nicht verstanden, was man mit Computern alles machen kann. Plötzlich kamen Töne, Bilder in die zunächst kalte Technologie. Für Joichi Ito ist es klar: Künstler erweitern die Grenzen der Technik, inspirieren die Techniker. Aber das alles passiert unverlinkt, spontan – zufällig. Es liegt nicht daran, dass zu wenig entdeckt und geschrieben wird. Täglich werden Paper produziert – eins nach dem anderen kommt auf den Markt. Aber die meisten sind nicht verknüpft – und auch nicht verknüpfbar.

Zum einen wegen technischen Gründen (verschiedene zugrundeliegende Medien oder Sprachen) – aber auch aus rechtlichen Problemen. Wie kann man das lösen? Er schlägt (natürlich) das next generation Internet, das sogenannte Semantic Web vor. Die ganze Welt schreibt, fotografiert, bloggt, publiziert – aber es bleibt auf der unverknüpften Ebene, wenn es nicht verbunden werden kann. Ziel des Semantischen Web ist es, die Bedeutung in für Computer verwertbare Daten zu verwandeln. Informationen sollen dadurch nicht nur von Menschen verstanden werden können, sondern auch von Maschinen interpretiert und weiterverarbeitet werden können. Informationen sollen maschinell ausgelesen werden können, beispielsweise den Sachverhalt der Inhalte. Weiterhin notwendig ist natürlich, dass die rechtliche Situation sich ändert – und damit meint er mithilfe von Lizenzabkommen wie GPL oder Creative Commons.

Wenn die Welt sich ändert…

Die Produktionsweisen und Distributionswege verändern sich dramatisch. Früher waren in den klassischen Medien die höchsten Kosten eben in der Produktion / Distriution von Inhalten – nicht die Inhalte selber. So standen nur den „professionals“ die Distributionswege offen. Es war schlichtwegs zu teuer, Amateure miteinzubinden und mit diesen das Risiko einzugehen, womöglich eine zu kleine Reichweite (= Umsatz oder Werbegelder) zu erreichen. Durch die digitalen Medien hat sich das aber geändert. Jeder kann jetzt low cost produzieren und publizieren. Deswegen kommt viel mehr Experimentelles auf.

… muss man sich selbst ändern!

Menschen arbeiten nicht ohne Bezahlung für Linux oder an anderen Open Source Projekten, nur weil sie keinen Job bei Microsoft bekommen haben. Sie machen das, weil sie es schlechthin wollen, weil sie es lieben. Sie lieben zu teilen – und das ist ihnen unter Umständen wichtiger, als echtes Geld zu verdienen. Es ist für sie vielmehr bedeutend, gehört zu werden, als bezahlt zu werden. Das ist die Revolution die aktuell passiert, so Joichi Ito.

Joichi Itos Blog ist unter http://joi.ito.com zu finden.

Can free cultur survive systemization?

Die radikalste Entwicklung des Internets war wohl, so der zweite Referent des Morgens, Yochai Benkler (unter anderem  Autor von Wealth of Networks), das Meinungsmonopol der Meinungsoligarchen zu brechen. Ein gutes Beispiel liefert die Encyclopedia Britannica: das Business Model für die Macher der Britannica war für viele Jahrzehnte letztendlich die Autorität zu haben, die Wahrheit zu verbreiten. Das hat nun Wikipediaals Gemeinschaftswerk von (sehr) vielen massiv hinterfragt, ja sogar untergraben.

Heute gibt es nicht nur für jeden die Möglichkeit, zu publizieren, was er/sie für wichtig halten (oder gemeinsam wie bei Wikipedia daran zu arbeiten, ihr Wissen zu aggregieren) – es gibt auch für alle die Wege, damit echtes Geld zu verdienen (wie zum Beispiel bei Metacafe.com, die mittlerweile die erfolgreichsten Content Producer bezahlen (zum Beispiel ergeben 20.000 Zuschauer 100 Dollar). Bei Kaltura.com werden gemeinsam Filme gebaut. Auch hier verändern sich die Verhältnisse in den Produktionsketten: die Produktionsmittel standen früher in dieser Professionaliät nur Wenigen zur Verfügung – jetzt kann jeder diese Tools nutzen. Ist das aber nicht nur etwas, was als Phänomen zu erkennen ist, aber wirtschaftlcih unrelevant? Nein, so Benkler. Durch die Verbilligung von Vertriebswegen durch das Internet und durch die Programme, mit denen so gut wie jeder preisgünstig Content erstellen kann, sei die gemeinschaftliche Produktion „von der Peripherie ins Zentrum der Wirtschaft“ geraten, sagte Benkler. Große Firmen setzen auf Wikis, Blogs und andere Social Network Tools – ich kann das bei meiner Arbeit für IBM täglich erleben.

Nicht nur Wissenschaft und Kunst profitieren – auch politische Auswirkungen gibt es. Der amerikanische Wahlkampf ist ohne Internet-Aktionen gar nicht mehr vorstellbar. Der wohl eher peinlicher Auftritt von John McCain bei einer Pressekonferenz, in der er „Bomb Iran“ zu singen begann, wurde sofort aufgegriffen und als Satire weiterverbreitet. Die meisten Faux-Pas von Politikern stehen in wenigen Minuten sofort im Netz, und jeder Bürger kann sofort reagieren. Basisdemokratie wird durch die Verfügbarkeit von Informationen und gleichberechtigte Kommunikationswege ermöglicht.

Werdet Hacker!

Tim Pritlove, Berliner Medienkünstler, startet mit dem Aufruf, Hacker zu werden. Er geht vom wohlwollenden Hacker aus – und betont, das „Hacker by design“ ethisch handeln. Denn Sachen auseinanderzunehmen, zu analysieren und zu verstehen sei immer eine gute Sache. Künstler sind für Pritlove Hacker – sie wollen die Realität verhandeln – dazu müssen sie sie verstehen. Dabei lehnt er den Geniegedanken ab, der hinter der Urheberschaft-Diskussion steht: „Es gibt keine neuen Ideen – alles war schon auf irgendeine Weise da! Meistens sind nur die Prozesse und nicht die Sache selber neu.“ Er ruft die Künstler auf, sich mit Technik zu beschäftigen. Nur wenn man die Essenz der Technik versteht – dann kann man sich beteiligen.

Konkret stellte er sein Blinkenlights-Projekt vor, das ebenso eine Plattform darstellt,an der man sich beteiligen kann – ja, die sogar unter der Creative Commons Lizenz steht. Via Telefon kann man die Pixel-Grafik, die durch Hintergrundbeleuchtung von Fenstern von großen Bürohäusern, manipulieren, Botschaften senden und sogar Spiele machen.

Project „Knowledge Space Linz“ 

Noch nie war es einfacher, Menschen und ihr Wissen in Form von Texten, Bildern oder Tönen zusammenzubringen und zu vernetzen. Freie Netze sind der Versuch, dieses Potential von Internet und PC auszuschöpfen und möglichst alle Menschen daran teilhaben zu lassen. Der Zugang zu digitalen Netzen bedeutet noch nicht den Zugang zu Inhalten. Ein freier Zugang zu Wissen ist aber die Basis für Innovation und Emanzipation. Den neuen Möglichkeiten für freien Zugang zu Wissen stehen neue und alte, soziale und rechtliche Barrieren gegenüber. Die österreichische Projektgruppe Freie Netze. Freies Wissen. vorgestellt von Christian Forsterleitner, Leonhard Dobusch, Thomas Gegenhuber, Stefan Pawel, Manuela Hiesmair und Barbara Hofmann, hat zum Beispiel in Linz bewirken können, dass die Stadt Linz beschlossen hat, dass alle Publikationen im Bereich Kultur unter der Creative Commons Lizen herausgegeben werden sollten. Auch kämpfen sie gegen die ausschließliche Ausstattung von Betriebssystemen in Schulen durch Microsoft, bzw. für den Einsatz von Open Source Softwaren in den Kommunen.

Die Projektgruppe hat auch ein Buch mit konkreten Handlungsanweisungen veröffentlicht, das natürlich auch kostenlos downloadbar ist.

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