Achtundachtzigster Poetry Slam in Augsburg – 8 Jahre „Lauschangriff“

Achtundachtzigster Poetry Slam in AugsburgVor acht Jahren fand er zum ersten Mal statt, damals noch im „Blauen Salon“ im Keller des Augsburger Alten Hauptkrankenhauses. Als dieser geschlossen wurde zog der Augsburger Poetry Slam „Lauschangriff“ in die Kresslesmühle um – und hat dort schon seit Jahren seine Heimat gefunden. Beim Jubiläumsslam am 6.10. wurden sowohl Geburtstag als auch achtundachtzigste Veranstaltung zugleich gefeiert. Der Besucherandrang war dieses Mal gleich so groß, dass knapp eine Viertelstunde nach Kassenöffnung schon keine Karten verfügbar waren. Mit am Start waren wieder die Beachrockerz (Deniz Khan und Sebastian Guissani), die wieder die Autoren auf Wunsch spontan begleiteten – und dem Slam eine fette Party nach in der Helsinki-Bar der Kresslesmühle.

Theresa KöhlerDen Auftakt des Battle der Poeten machte Michael Friedrichs mit einem Text, der die Theorie, dass jeder Mensch von jedem anderen maximal sieben Bekanntschaften entfernt ist, auf die Geschichte übertrug: Denn die alten Griechen sind auch nur 40 Handschläge entfernt – und das scheint einem ja gar nicht so weit vorzukommen, oder? Nummer zwei: Theresa Köhler, die bereits 2006 den Juni-Slam gewonnen hatte. Sie deklamierte „das schon wieder zu wenig passiert um Glück zu spüren / … / schon wieder von Dieben die Liebe stehlen lassen“ nicht genug sei. Ihr Vortrag war trotz der tiefen Melancholie wunderschön und hinterliess ein gesundes Trotzgefühl.

Volker StrübingWeit angereist kam der dritte Autor des Abends: Volker Strübing aus Berlin. Er hatte zwar auf der Anreise ein schlechtes Rührei gegessen und kämpfte – nach eigenen Angaben – immer noch mit den Folgen. Ihm mag zwar schlecht gewesen sein – seine Prosa war es aber wahrhaftig nicht. Der erste Text über den „Schmetterlingseffekt“ spann auf unglaublich humorige Weise den Gedanken weiter, was alles passieren könnte, wenn er die Manuskriptseiten bewegt, wenn denn schon ein Schmetterlingsflügelschlag in China einen Hurrikan in Amerika auslösen kann. Seine zweite Geschichte („Wie mir Steve Martin mit Hilfe einer Zeitmaschine einen Gedanken stahl“) hatte zwar nichts mit dem Titel gemein – um so gemeiner war aber die Auseinandersetzung zwischen Mann und Frau und wie froh er doch sei, ein Mann zu sein. Als letzer im ersten Block wurde von der Glücksfee Sonja Mustafa gezogen, der neben einer Ode an den Mond auch die Geschichte vom abtrünnigen Punkt erzählte, der lieber aus der Reihe tanzte als stramm in der Linie zustehen.

Cornelia KoepsellNach einer kurzen Pause startete der zweite Block mit den Beachrockerz und einem Freestyle von Deniz Khan, der sich aus den spontan zugerufenen Begriffen „Berlin“, „Schatztruhe“ und „Gammeldöner“ eine aufregende Gangstergeschichte rappte. Sehr genial! Danach ging es weiter mit dem Slam und Cornelia Koepsell mit zwei Texten aus der Arbeitswelt („Die Abschiedsfeier“ und „Abgesang“); sie las vom täglichen Mobbing, von Trotz und Gegenwehr. Darauf folgte Eva Wahrheit (zum ersten Mal in Augsburg auf der Bühne), die dem Publikum zu wenig Reaktion vorwarf und um mehr Buhrufe bat, um gegen Mittelmaß und Gleichmacherei in der Literatur und beim Slam anzukämpfen.

HugoNummer drei: Hugo (der neben Cornelia Koepsell Augsburg beim National Slam 2006 in München vertreten wird). Frei trug er „Am Anfang war das Feuer“ in seiner ihm ganz eigentümlichen Stimme vor, bei der sich Singsang, Rap und Mönchsgesang magisch vereinigen. Sein zweiter Lyrik „Vater Himmel, Mutter Erde“ war dann fast ganz pastoral… Als letzter Teilnehmer wurde Tommy Tesfu ausgelost – auch er wird beim National Slam 2006 Augsburg in der U20-Liga vertreten. Sein Gedicht prangerte die platte Konsumsucht der Gesellschaft an – „Sie brauchen nur eins: Fernsehen“ – doch „Selbst Bauchschmetterlinge leben nicht ewig“!

Tommy TesfuIm Finale standen dann Volker Strübing und Tommy Tesfu gegeneinander. Während Volker von seiner Fleischsalat-Phobie, die ihm einen Liebesbeweis der unerwarteten Art ermöglichte, vorlas betonte Tommy seine heiße Liebe: „Ich liebe es, wie Dein zartes Fleisch meinen Zähnen nachgibt / wie weiße Soße auf deinem Körper liegt / Ich will Dich! / Ich will Döner!“ Das Publikum klatschte so energisch für beide, dass es letztendlich nur heißen konnte: Doppelsieg für Volker Strübing und Tommy Tesfu! Gratulation!

Party zum AbschlussDie nächsten Slams finden jeweils Freitags, am 17.11. und 15.12. wieder in der Kresslesmühle statt. Der National Slam ist vom 8.-12.11. in München zu erleben. Mehr Infos auch unter http://slam-augsburg.de/

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